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Schloss Altranstädt – ein (fast) vergessener Ort europäischer Geschichte

Schloss Altranstädt bei Leipzig

Schloss Altranstädt bei Leipzig

Westlich von Leipzig, nahe der Autobahn A 9 liegt das Dorf Altranstädt. In dem Ort steht ein kleines Renaissanceschloss, fast unscheinbar. Und doch wurde hier 1707 europäische Geschichte geschrieben.

Zwischen 1700 und 1709 trugen die Ostseemächte den Großen Nordischen Krieg um die Vormachstellung im Ostseeraum aus. Der junge schwedische König Karl XII. besiegte zunächst das Heer des dänischen Königs und anschließend in der Schlacht bei Narwa den russischen Zaren Peter I. Seinen nächsten Feldzug führte König Karl XII. gegen den sächsischen Kurfürsten und König von Polen, Friedirch August I. (AUgust der Starke). Karl gewann.

Obwohl er damit die Vormachstellung Schwedens im Ostseeraum gesichert hatte, zog der schwedische König nach Westen und schlug am 21. September 1706 sein Hauptquartier in Altranstädt auf. Von hier aus beeinflusste Karl die europäische Geschichte maßgeblich. Vertreter der europäischen Herrscherhäuser machten ihm in Altranstädt ihre Aufwartung aus Angst, Karl mischt sich auch in den Streit um die spanische Thronfolge ein.

Karl XII. wählte Altranstädt wohl nicht ohne Grund. Im nahegelegenen Lützen war der schwedische König Gustav XII. Adolf 1632 gefallen. Der junge Karl wollte seinem großen Vorbild nahe sein.

Am 26. September 1706 schloss König Karl XII. den Altranstädter Frieden, durch den der Kurfürst August II. von Sachsen gezwungen wurde, die polnische Krone zurückzugeben. Der Friede schloss allerdings den russischen Zaren Peter I. aus, was Karl später zum Verhängnis werden sollte.

Das Friedenszimmer im Schloss Altranstädt

Das Friedenszimmer im Schloss Altranstädt

König Karl XII. und der habsburgische Kaiser Joseph I. schlossen am 1. September 1709 die Altranstädter Konvention. Damit wurde den schlesischen Protestanten die Glaubensfreiheit zugesichert und sie erhielten 120 ihrer Kirchen zurück. Der Westfälische Frieden gestatte den schlesischen Protestanten nur den Bau von drei Friedenskirchen aus Lehm und Holz und ohne Glockenturm. Diese beschränken waren durch die Altranstädter Konvention aufgehoben.

Karls Großmachtträume reichten aber weiter. Um Russland endgültigen zu besiegen, wollte er die russische Hauptstadt Moskau angreifen. In der Schlacht bei Lesnaja, wo unter anderem der schwedische Versorgungszug von den Russen erobert wurde, erfuhr Karl eine Niederlage und musste in die Ukraine ausweichen. Verwundet konnte der König das schwedische Heer nicht in der Schlacht bei Poltawa führen. Die Schlacht wurde zu einem Desaster für die Schweden. Karl floh in das Osmanische Reich.

Anfangs von den Türken begrüßt, wurde Sultan Ahmed II. seiner bald überdrüssig. Er ließ den schwedischen König festsetzen. Russland, Dänemark und Sachsen-Polen nutzten seine Abwesenheit und drängten Schweden weiter in die Defensive. Der russische Zar besetzte Finnland und der sächsische Kurfürst August II. erlangte die polnische Königskrone zurück.

Karl XII. verließ im Oktober 1714 das Osmanische Reich und begab sich in das zu Schweden gehörende Pommern. Seine unnachgiebige Außenpolitik führte dazu, dass das bis dahin neutrale Preußen sich gegen den Schwedenkönig stellte.
Im Pommernfeldzug 1715 unterlagen die Schweden und Karl XII. floh in Richtung Hiddensee, von wo aus er mit der letzten dort befindlichen Fregatte sicher Trelleborg in Schweden erreichte.

Obelisk im Schlosshof

Obelisk im Schlosshof

Das Großmachtstreben des schwedischen Königs hatte 1716 ein Ende, als er versuchte, die Stadt Christiana (das heutige Oslo) im dänisch kontrollierten Norwegen zu erobern. Schweden lag durch den endlosen Krieg des ehrgeizigen Monarchen wirtschaftlich und finanziell am Boden, Karls Autorität war untergraben.

Bei der erneuten Belagerung von Frederikshald 1718 starb König Karl XII. von Schweden.

Im Jahr 1780 ließ der damalige Schlossbesitzer Graf von Hohenthal das Friedenszimmer im Schliss Altranstädt einrichten. Bis heute ist es vollständig erhalten. Zum 200. Jubiläum des Altranstädter Friedens wurde im Schlosshof ein Obelisk zur Erinnerung aufgestellt.

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Autor: Mirko Seidel am 13. Mai 2015 14:53, Rubrik: Artikel, Artikel & Berichte, Ausstellungen, Kommentare per Feed RSS 2.0, Kommentar schreiben,


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