Geschichte & Geschichten
Zum 50. Jahrestag der Sprengung der Paulinerkirche zu Leipzig
Ein Stück Leipziger Geschichte ist zurück
Am 2. Dezember 2017 war es soweit – das neue Paulinum der Leipziger Universität öffnete mit acht Jahren Verspätung seine Türen – fast 50 Jahre nach der Sprengung der alten Paulinerkirche. Ich hatte schon eine Woche vorher die Möglichkeit, das Paulinum zu besichtigen.Es war ein eigenartiges Gefühl, vor der Tür der neuen Aula und Universitätskirche zu stehen. Genau 50 Jahre zuvor hatte die alte Paulinerkirche noch gestanden, ihr letztes Weihnachtsfest erlebt, bevor sie am 30. Mai 1968 gesprengt wurde. Nun ist der Neubau fertiggestellt. Wie wird er innen aussehen? Wird der Neubau dem Anspruch an die Geschichte des Ortes gerecht?
Ich war beeindruckt, als ich das neue Paulinum zum ersten Mal betreten habe. Ein großer, heller Raum, anmutend wie eine Kathedrale und doch modern. Das nachempfundene gotische Netzgewölbe erinnert an den alten Kirchenbau. Die modernen Glaspfeiler bringen Licht und Leichtigkeit in den Raum. Sechs Pfeiler reichen nicht bis zum Boden.
Aula und Kirchenraum sind durch eine Plexiglasscheibe getrennt. Die beiden Nutzungen werden so verdeutlicht und doch ist der Raum als ganzes erlebbar. Am der Trennung zwischen Aula und Kirche ist das Gewölbe unterbrochen – ein Hinweis auf den Bruch in der Geschichte – die Sprengung der Kirche 1968.
Im Kirchenraum des Paulinums wurden Epitaphe aus der alten Paulinerkirche aufgehängt. Sie waren wenige Tage vor der Sprengung in einer Notbergung gerettet worden, lagen viele Jahre unter ungünstigen Bedingungen. Was verloren ging, wurde ergänzt. Nicht rekonstruiert, sondern durch bedruckte Metallplatten nachempfunden. So ist sichtbar, was alt ist und was verloren ging.An der Architektur des Paulinums scheiden sich seit Jahren in Leipzig die Geister. Die Einen finden die Architektur toll, die Anderen würden das Gebäude am liebsten wieder abreißen. Dem Architekten Erik van Egeraat ist es, meiner Meinung nach, sehr gut gelungen, am Augustusplatz einen neuen städtebaulichen Akzent zu setzen und eine Brücke zwischen der Geschichte des Ortes, dem Drama der Zerstörung und dem Blick in die Zukunft zu schlagen.
Autor: Mirko Seidel am 30. Mai 2018 10:59, Rubrik: Geschichte & Geschichten, Stadt Leipzig, Kommentare per Feed RSS 2.0, Kommentar schreiben,