Persönlichkeiten

Leipziger Persönlichkeiten – Otto und Hedwig Rauth

Otto Rauth

Otto Rauth

Otto Rauth wurde am 3. Juni 1881 in Leipzig geboren. Der Sohn eines aus dem Rheinland stammenden und ab 1877 in Leipzig ansässigen Gastwirtes, Weinhändlers und späteren Großkaufmanns besuchte das Gymnasium und studierte anschließend Rechtswissenschaften an der Universität Leipzig Rauth arbeitete als Referendar am Königlichen Amtsgericht in Leipzig und ließ sich anschließend als Anwalt in Leipzig nieder.

Wohl bereits während seiner Studienzeit kam Otto Rauth mit der Mazdaznan-Bewegung in Berührung und war seit April 1912 im erweiterten Vorstand des Mazdaznan-Bundes. Der Mazdaznan-Begründer Otoman Zar-Adusht Hanish entsandte den Schweizamerikaner David Ammann in der Eigenschaft eines Botschafters für Europa ab Sommer 1907 von Leipzig aus, die Mazdaznan-Botschaft im deutschsprachigen Raum zu verbreiten. Otto Rauth besuchte regelmäßig dessen Vorträge und Kurse.

Rauth kam schnell in engeren Kontakt zu Amann, wurde dessen persönlicher Ratgeber und Anwalt und setzte sich für die rechtliche Konsolidierung der jungen Bewegung in Deutschland ein. 1913 wurde sie unter der Bezeichnung Mazdaznan-Bund ins Vereinsregister des Leipziger Amtsgerichts eingetragen und damit amtlich anerkannt. Ab 1912 gehörte Otto Rauth offiziell dem engeren Führungszirkel der Bewegung an.

Wohn- und Geschäftshaus Rauth in der Hospitalstraße in Leipzig

Wohn- und Geschäftshaus Rauth in der Hospitalstraße in Leipzig

David Ammann sollte 1914 von den sächsischen Behörden als unerwünschte Person des Landes verwiesen werden. Otto Rauth übernahm die Kommunikation mit den Behörden und unternahm alles, um die Rücknahme des Ausweisungsbescheides zu erreichen. Als sich das Scheitern seiner Bemühungen um die Rücknahme des Ausweisungsbescheides gegen Ammann und seine Familie abzuzeichnen begann, heiratete Otto Rauth am 15. Juni 1914 David Ammanns Tochter Hedwig, die damit die sächsische Staatsbürgerschaft erhielt und somit als einziges Mitglied der Familie Ammann von der Ausweisung verschont blieb. Nachdem David Ammann Deutschland verlassen hatte, hielt das Ehepaar Rauth die Arbeit in der Leipziger Zentrale aufrecht.

Im 1. Weltkrieg kämpfte Otto Rauth an der Westfront. Im Februar 1915 wurde Rauth der Bundesvorsitz des Mazdaznan-Bundes e. V. übertragen, ab Juni fungierte er zudem als Herausgeber der Mazdaznan-Mitgliederzeitschrift. Die ursprünglichen Räumlichkeiten der Leipziger Bundes-Zentrale in der Schulstraße 1 mussten 1916 aufgegeben werden und Leipzig verlor mehr und mehr an Bedeutung.

Wohn- und Geschäftshaus Rauth in der Hospitalstraße in Leipzig

Wohn- und Geschäftshaus Rauth in der Hospitalstraße in Leipzig

1919 zog die Geschäftsstelle mit dem Verlags- und Versandgeschäft in das Wohn- und Geschäftshaus Hospitalstraße 12, das der Familie Rauth gehörte und fortan zur Mazdaznan-Zentrale ausgebaut wurde. Otto Rauth betätigte sich vor allem als Herausgeber der Mazdaznan-Mitgliederzeitschrift und als Übersetzer und Neubearbeiter der Schriften Otoman Zar-Adusht Hanishs. Seine Frau Hedwig Rauth leitete das Versandgeschäft.

Die Mazdaznan-Bewegung wurde durch die Nationalsozialisten am 29. Juli 1935 zunächst in Sachsen und am 5. November 1935 im gesamten Deutschen Reich verboten, die Mazdaznan Verlags- und Versandhaus GmbH enteignet, das Vermögen sowie sämtliches Schriftgut der Bewegung beschlagnahmt. Trotz des Verbots führten Otto und Hedwig Rauth ihre Arbeit fort. 1941 wurden Otto und Hedwig Rauth denunziert, saßen in mehrmonatiger Gestapo-Haft und wurden 1942 zu sechs bzw. zehn Monaten Arbeitslager wegen „Aufrechterhaltung einer verbotenen Organisation“ verurteilt. Hedwig Rauth kam in das Konzentrationslager Ravensbrück, Otto Rauth in das Konzentrationslager Sachsenhausen. 1943 erfolgte der Einzug ihres Privatvermögens. Während der Luftangriffe auf Leipzig 1943 wurde ihr Wohnhaus, das zugleich Zentrale der Mazdaznan-Bewegung gewesen war, zerstört.

Nach 1945 ging die Reorganisation der Mazdaznan-Bewegung für den deutschen Sprachraum wiederum von der Schweiz aus. Otto Rauth kehrte nach seiner Entlassung aus dem Konzentrationslager nach Leipzig zurück und eröffnete in der Universitätsstraße 4 eine Anwaltskanzlei. Im August 1945 beantragten er und seine Frau beim Amtsgericht Leipzig, eine Mazdaznan-Vereinigung für Friedenspflege in das dortige Vereinsregister einzutragen. Dieses Bemühen scheiterte ebenso, wie der Versuch, einen neuen Verlag zu gründen.

Otto Rauth, der bis zuletzt an der Herausgabe von Hanishs Werken arbeitete, starb unerwartet am 11. November 1967 an einem Hirnschlag während der Arbeit am Schreibtisch seiner Wohnung in der Villa Sieglitz in Plagwitz. Unter großer Anteilnahme der Mazdaznan-Gemeinde fand die Trauerfeier in der Hauptkapelle des Leipziger Südfriedhofes statt. Seine Urne wurde am 15. Dezember 1967 anonym in einer Urnengemeinschaftsanlage am Fuße des Kolumbariums bestattet.

Mehr Leipziger Persönlichkeiten


Bildquelle: Von Unbekannt – Foto, PD-alt-100, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=9599017;
Atelier Hermann Walter Bernhard Müller († 1930) Karl Walter (* 7. Dezember 1874; † 11. October 1940) – Anton Blaschke; Karl Czok (Hrsg.): Leipzig. Fotografien 1867 bis 1929. Fotokinoverlag, Leipzig 1991, ISBN 3-7311-0120-3


Stichworte:
, , , , , , , , , , , , , , ,

Autor: Mirko Seidel am 16. Feb 2023 15:41, Rubrik: Persönlichkeiten, Stadt Leipzig, Kommentare per Feed RSS 2.0, Kommentar schreiben,


Einen Kommentar schreiben

©2024 – architektur-blicklicht – Mirko Seidel, Sigismundstraße 3, 04317 Leipzig – Telefon: 0341 46 86 68 73
Touren, Tipps & Wanderungen per Rad, Auto und zu Fuß zu Burgen, Schlössern, Herrenhäusern, Kirchen, Industriebauten, Stadtansichten
in Leipzig, Sachsen & Mitteldeutschland
webdesign: agentur einfachpersönlich